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Dani Hornsteiner • 06.11.2024

Yoga & Meditation



 

 

Yoga in seiner Reinform ist Meditation und das Leben in seiner Reinform ist Meditation.



Die Kunst des Meditierens

Als ich von der Indigo-Chefin Sonja gebeten wurde, einen Artikel über Yoga und Meditation zu schreiben, war ich kurz überfordert. Yoga in seiner Reinform ist Meditation und das Leben in seiner Reinform ist auch Meditation. Wie sollte ich in einem Blogbeitrag diesem unendlich großen Thema gerecht werden.
Ich habe das Thema also eine Zeit mit mir getragen und in mir hin und her bewegt. Dies ist nun mein Versuch, euch meine Essenz von Yoga und Meditation nahe zu bringen.
Viel Freude beim Lesen!

Yoga in seiner ursprünglichsten Form ist Meditation. Bevor Körperübungen im Yoga Einzug hielten, gab es nur eine einzige Körperhaltung: die Sitzposition im Schneidersitz oder Lotussitz.

Bereits das zweite Sutra des Yoga Sūtras, diesem über 2.500 Jahre alten Weisheitstext, beschreibt das Ziel von Yoga. Und hier spiegelt sich bereits die Idee eines meditativen Zustands wider.

 

Das Yoga Sūtra sagt im 2. Vers des ersten von vier Kapiteln:
yoga citta-vṛtti-nirodhaḥ

Übersetzt heißt das:
Das Ziel von Yoga ist es, den bewegten Geist/Verstand in Ruhe/Ausrichtung zu bringen.

 

Dazu habe ich einen eigenen Blogartikel geschrieben.

Zusammengefasst geht es im Yoga darum, deinen bewegten Geist zu klären. Der Zustand eines geklärten Geistes ist ein Geist, der still, wach und vollkommen präsent im gegenwärtigen Augenblick verweilt.

Meditation in seinen vielen Facetten ist eines von verschiedenen kraftvollen Werkzeugen des Yoga, um in diesen inneren Zustand zu kommen und dort zu bleiben.

Meditation ist zugleich der Zustand des Verweilens in dieser geistigen Klarheit als auch der Weg dorthin.
Ich möchte hier den Weg dorthin beschreiben. 

Das Verweilen in diesem Zustand geschieht nach und nach, entsteht von ganz allein durch immerwährendes und beharrliches Üben. Es kann nicht erzwungen werden. Yoga ist immer ein Weg, den wir Tag für Tag beschreiten und dabei unserer inneren Stille, unserem Kern immer näherkommen. 

Zuweilen kann es spontane kurze Momente der inneren Klarheit und Stille geben. Auch diese geschehen und können nicht willentlich herbeigeführt werden.

Es geht also darum, die innere Stille herzustellen und zu erfahren. Denn in dieser steigt die innere Wahrheit, der in uns wohnende Frieden aus dem Urteich unseres Daseins auf.

Es gibt daher viele Formen, Meditation zu üben. Wir suchen uns jene Form aus, die uns am besten auf diesem Weg in die eigene Mitte unterstützt.

Meditation kann alles sein.


Sitzmeditation:

Das ist wohl die bekannteste Form und für viele auch die Schwierigste. Hier sitzt du mit aufrechter Wirbelsäule, traditionell im Schneidersitz, und richtest dich auf die innere Stille aus.

Bitte nimm dir hier die Freiheit, dich anders hinzusetzen, in den Fersensitz, den Kutschersitz (Fersensitz mit Kissen zwischen den Knien), dich mit dem Rücken an eine Wand lehnen und die Beine vor dir ausgestreckt, auf einem Stuhl (bitte auf Stuhlkante vorne) oder sogar im Liegen ist es möglich, zu üben, deinen Geist auszurichten. Im Liegen besteht jedoch die Gefahr, dass du einschläfst.

Das Yoga Sūtra unterscheidet dabei 4 Stufen wie ich mich dem vollkommenen Zustand von Yoga nähere:

Pratyāhāra: das Nach-Innen-Richten der Sinne

Hier geht es darum, deine 5 Sinne nach innen zu ziehen anstatt nach außen, wie wir es ihnen gewöhnlich erlauben zu streunen.

  • Wende deinen Blick nach innen, schau nach innen und beobachte. 
  • Wende deine Ohren nach innen, lausche nach innen und beobachte.
  • Wende dein Spüren nach innen, spüre in deinen Körper und beobachte.
  • Wende auch deinen Geschmacks- und Geruchsinn nach innen, was kannst du riechen und schmecken und beobachte.

Dabei übst du auch, wertfrei zu beobachten. Du wirst zum Beobachter des Geschehens und der Bewegungen, die in dir stattfinden, anstatt selbst mittendrin zu sein und dich in ihnen wie in einem riesen Ozean zu verlieren.

Über das Nach-Innen-Ziehen deiner Sinne mit Pratyāhāra kannst du die nächste Stufe der Meditation erreichen:

Dhāranā: die Fähigkeit, den Geist auszurichten

Übst du kontinuierlich und bleibst dran, auch wenn es mal mühsam ist oder gar nicht zu funktionieren scheint, dann wirst du immer geschickter im nach-Innen-Ziehen deiner Sinne. Nun kannst du deinen Geist ausrichten. Er hat gelernt, sich nicht die ganze Zeit durch das Außen ablenken zu lassen (Geräusche, Bewegungen, Eindrücke, etc.).

Zum Ausrichten des Geistes schlägt das Yoga Sutra viele Möglichkeiten vor, einige davon sind:

  • Ausrichten und Verweilen bei deinem Atem 
  • Ausrichten und Verweilen auf dem Licht deines Herzens
  • Ausrichten und Verweilen auf einem deiner Chakren
  • Ausrichten und Verweilen auf einen Gegenstand, der vor dir steht (z.B. eine Kerzenflamme)

Finde für dich heraus, welche Methode, dich am besten dabei unterstützt, deinen Geist zu beruhigen und in einer Ausrichtung zu bleiben.

Dieses Üben führt zur nächsten Stufe der Meditation:

Dhyāna: die Fähigkeit, den Geist kontinuierlich in einer Verbindung mit dem, was wir verstehen wollen, verweilen zu lassen

Haben wir es gemeistert, dass unser Geist ruhig bleibt, dass wir bei uns bleiben und uns auf etwas ausrichten können, können wir nun beginnen zu üben, etwas das uns im Inneren bewegt in seiner Tiefe zu verstehen. Wir öffnen nun das Potential in uns, etwas nicht nur aus unserem beschränkten Blickwinkel unseres Verstandes zu betrachten, sondern aus allen Perspektiven. Es offenbaren sich uns auch tiefere Wahrheiten, die uns bei einem oberflächlichen Hinschauen verborgen geblieben sind. So erhalten wir tiefere Weisheit über die Dinge und Beziehungen selbst.

Diese Stufe führt zur höchsten Stufe der Meditation, welche von vielen auch als erleuchteter Zustand bezeichnet wird. Ich möchte betonen, dass alle Menschen die Fähigkeit haben, Momente der Erleuchtung zu erleben. Erleuchtung ist in aller Regel kein Dauerzustand – nur sehr wenige Menschen erreichen diesen Grad an Klarheit, Ausgerichtetheit und Verschmelzung mit dem jetzigen Augenblick. Es ist viel wahrscheinlicher, dass du immer wieder Momente der absoluten Klarheit, der inneren Erhellung hast. Momente, in denen du den Gegenstand deiner Betrachtung vollumfänglich verstehst. 

Und dann fallen wir wieder raus aus diesem Zustand. Je intensiver wir üben und je zielstrebiger wir durch unser anhaltendes Bemühen sind, umso eher werden diese Momente der inneren Wachheit zunehmen.

Dieser höchste aller Meditationszustände nennt das Yoga Sūtra Samādhi.

Die vollkommene Vereinigung mit einem Objekt/Gegenstand/Zustand, das oder den wir verstehen wollen.

Mit Samādhi ist ein Zustand gemeint, der nicht wirklich beschreibbar ist. Im Grunde wirst du zu dem Objekt deiner Betrachtung und gehst vollkommen in ihm auf, verschmilzt mit, wirst Eins. Dadurch erkennst du die allumfängliche Wahrheit dieses Gegenstands deiner Betrachtung und gleichzeitig erfährst du, dass alles Eins ist. Es gibt keinen Unterschied zwischen dir und dem Gegenstand, egal ob dies ein Kerzenlicht, eine Tasse, dein Partner, der Grashalm oder die Stechmücke ist.

Dieser Moment erleuchtet alles Wissen. Das gesamte Wissen und Weisheit stehen dir zur Verfügung, denn du erkennst: du bist dieses Wissen, diese Weisheit lebt auch in dir.

Dieser Moment eröffnet dir deine wahre Natur. Jetzt kannst du sie über alle deine Sinne wahrnehmen und mit allem jenseits deiner Sinne.

Dieser Moment ist komplett frei von Sorge, Problemen und Ängsten, denn er ist ohne Gedanken. Er ist das pure Sein, der reine gegenwärtigen Augenblick, tiefe Stille und Frieden verbunden mit großer Wachheit für die Wirklichkeit hinter der sichtbaren Welt. Hier betrachtest du die Welt nicht mehr, sondern du bist die Welt. Und daher kannst du sie in all ihren Ausprägungen und Facetten begreifen und erfahren.

Dhyāna und Samādhi, so sagt das Yoga Sūtra, können nicht aktiv herbeigeführt werden. Diese geschehen und werden uns zuteil. Es heißt, sie sind die Gnade, die uns zuteilwird, wenn wir uns stetig auf dem Weg des Yoga begeben und auch in Zeiten, in denen wir zweifeln und unser Ziel aus den Augen verlieren, weiter gehen und üben.

 

Sitzmeditation mit Mantra:

Oft ist es schwierig, einfach nur in Ruhe zu sitzen und den Geist auszurichten. Dann kannst du ein Mantra zur Hilfe nehmen. Es spielt keine Rolle, ob dies auf Deutsch oder Sanskrit oder einer anderen Sprache ist.

Ein Mantra hilft uns, unseren Geist ausgerichtet zu halten. Du könntest z.B. mental sprechen:

  • So ham (ich bin)
  • Tat tvam asi (ich bin du, du bist ich, wir sind eins)
  • Om
  • Das bin ich
  • Oder eine Eigenschaft, die du in dir kultivieren möchtest: Sat – Weisheit / Daniyebad – Dankbarkeit

Gehmeditation:

Für viele ist es zu Beginn ihres Yogaweges schwierig, in Stille zu sitzen und den Geist auszurichten. Wir als moderne Menschen sind es einfach nicht mehr gewohnt. Kinder können das noch ganz leicht. Ganz spielerisch sitzen sie manchmal da und „starren Löcher in die Luft“. Und vielleicht machst du das auch ab und zu. Dabei bemerkst du, dass du beim Löcher-in-die-Luft starren keine Gedanken hattest. Dies ist eine unbewusste Form der Auszeit, die Erholung für deinen erschöpften Geist bewirkt. In der Meditation nutzen wir diese Möglichkeit bewusst.

Merkst du, dass in-Stille-sitzen sehr schwer oder gar unmöglich ist, dann probier es mit einer Gehmeditation.

Nimm dir z.B. eine fünf Meter Strecke vor und nun gehst du im Superschneckentempo, nein, im Supersupersuperschneckentempo diese Strecke hin und her. 10 Minuten lang, erhöhe langsam die Minutenzahl. 

Dabei gehst du in der Art und Weise, dass du dich ausrichtest auf das Spüren der Bewegung deines Körpers. Wie setzt die Ferse des Fußes auf, wie fühlt es sich an, wenn dieser abrollt, wenn die Zehen den Boden berühren? Welche Zehen berühren zuerst den Boden, welche Muskeln verwendest du? Was macht der andere Fuß? Erforsche alle Details, alle möglichen Details. Das geht nur, wenn du unendlich langsam wirst. Ich brauche manchmal für 5 Meter 5 Minuten. Es kommt überhaupt nicht darauf an, anzukommen oder wie viele Meter du machst, sondern wie hoch die Qualität ist, mit der du übst, mit der du deine Sinne auf das Erfahren und Erleben deines Gehens und allem, was dazu gehört ausrichtest.
Probier es aus. Du wirst überrascht sein, was du alles erfährst. 😊

Meditation im Alltag:

Yoga ist eine Philosophie, die den Anspruch hat, alltagstauglich zu sein. Sie versteht sich nicht als abgehobene, dem menschlichen Alltag entfremdete Daseinsform. Alles, was das Yoga Sūtra beschreibt, soll dazu dienen, dass der Mensch ein zufriedenes, erfüllendes Leben im Einklang mit sich, seinem Selbst und der Umwelt lebt.

Das Ziel ist also, dass der Alltag selbst zur Meditation wird.

Daher ist es auch möglich, überall zu meditieren. Es geht immer darum, dich auf einen Gegenstand auszurichten, so dass dein Geist lernt, bei diesem zu verweilen, ohne sich ablenken zu lassen. Dadurch entsteht Ruhe, Freude und Frieden.

Du kannst dich also beim Abwaschen vollkommen auf das Abwaschen ausrichten und wirst Frieden und ja, sogar Freude erleben. Du kannst Zähne putzen und ganz beim Zähne putzen sein. Du kannst beim Spaziergehen ganz in dem Moment sein und die Wunder um dich herum entdecken, im Großen und Kleinen. Du kannst mit einer Freundin beim Tee sitzen und ganz beim Zuhören sein, aufmerksam und die Schönheit dieses Moments erkennen. Und sogar in den Momenten, die schwer sind, wenn du ganz und gar präsent bist, wirst du erkennen, dass alles ein Kommen und Gehen ist. Du wirst - wenn du ganz und gar ausgerichtet bist - im Geist die tiefe Wahrheit und das Geschenk in jeder Situation entdecken.

Bist du mit deiner ganzen Aufmerksamkeit bei dem, was du gerade tust, dann entsteht Magie, Fülle und das in allen Momenten. In den Hellen und den Dunklen, den Traurigen und den Fröhlichen.

Das Leben selbst offenbart sich dir durch dich.

Meditation gehört nicht nur zum Yoga wie der Sonnenaufgang zum Sonnenuntergang, sondern alles kann zur Meditation werden, das Leben selbst.

Und du wirst die Schöpferin, der Schöpfer dieses Lebens.

Du entscheidest, ob du in der Qualität, die dir Meditation schenkt durch dein Leben gehst oder ob du dich von deinem bewegten Geist überall hinziehen lässt, wohin er gerade streunt.

Ich wünsche dir Freude, Beharrlichkeit und Vertrauen auf diesem Weg in dein zufriedenes und erfüllendes Leben.


In Liebe Dani

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